Jung, dynamisch, dominant

Dies ist keine Stellenausschreibung, sondern eine Kurzcharakteristik der Betriebswirtschaftslehre. Jung, denn es liegt keine 150 Jahre zurück, dass sich erstmalig Wirtschaftswissenschaftler ernsthaft über eine wissenschaftliche Betrachtung der Wirtschaft aus und mit dem Blickwinkel Betrieb Gedanken gemacht haben.

Dynamisch, denn seitdem ist eine Flut an Theorien, Modellen und Methoden entstanden, die immer feiner betriebswirtschaftliche Handlungen erklären können und zu neuen Handlungsformen im betrieblichen Alltag führen.

Als dominant kann manch anderer Wissenschaftszweig die Betriebswirtschaftslehre auffassen, denn in ihrer kurzen Geschichte ist sie mit ihrem Pendant, der Volkswirtschaftslehre, zu einer der führenden Universalwissenschaften geworden.
Sie bildet teils größere Schnittmengen mit anderen Wissenschaftszweigen, aus denen wieder eigenständige Lehr- und Forschungsbereiche entstehen. Zum Beispiel die Wirtschaftsinformatik, das Wirtschaftsingenieurwesen, die Wirtschaftsmathematik, Wirtschaftsrecht, Wirtschaftsethik, Wirtschaftsgeschichte, Wirtschaftspädagogik, Wirtschaftschemie, Wirtschaftspsychologie und Wirtschaftssoziologie.

Und so lässt sich die Betriebswirtschaftslehre im Kanon der Wissenschaften einordnen:

  • Sie ist eine Wirtschaftswissenschaft (neben der Volkswirtschaftslehre)
  • Sie ist eine nichtmetaphysische Wissenschaft (Philosophie und Theologie sind hingegen metaphysisch)
  • Sie ist eine Realwissenschaft (Mathematik ist im Gegensatz dazu eine Formalwissenschaft)
  • Sie ist eine Kulturwissenschaft (im Gegensatz zu Naturwissenschaften wie Chemie)
  • Sie ist eine Sozialwissenschaft, die das menschliche Handeln zum Gegenstand hat.

Info: Wirtschaft

Wirtschaft wird verstanden als die Summe aller Einrichtungen mit ihren Handlungen und Maßnahmen, die der menschlichen Bedürfnisbefriedigung gegen Geld dienen. Dabei sind Bedürfnisse Spannungszustände, die auf einen Mangel zurückzuführen sind. Diesen Mangel zu beseitigen ist Bedürfnisbefriedigung, und die lässt sich in der Regel erfüllen durch Güter und Dienstleistungen. Die Bedürfnisse des Menschen sind unbegrenzt, individuell verschieden und im Zeitlauf wandelbar. Güter zur Bedürfnisbefriedigung aber sind begrenzt. Mit Ausnahme der freien Güter wie Luft, Sonnenlicht etc. sind sie durch folgende Merkmale gekennzeichnet:

  1. Knappheit (begrenzte Menge)
  2. Kosten (Bereitstellung)
  3. Preis (Gegenleistung)

Womit beschäftigt sich die Betriebswirtschaftslehre?

Das Grundinteresse der Betriebswirtschaftslehre als Teilgebiet der Wirtschaftswissenschaft beruht wie bei ihrer Schwesterdisziplin, der Volkswirtschaftslehre, auf der Tatsache, dass Güter grundsätzlich knapp sind und dementsprechend einen ökonomischen Umgang erfordern. Sie geht also von einem Rationalprinzip der Handelnden aus. Im Unterschied zur Volkswirtschaftslehre, die das wirtschaftliche Gesamtgefüge national oder international untersucht, nimmt die Betriebswirtschaftslehre dabei die Perspektive von einzelnen Betrieben ein. Ziele sind nicht nur die Beschreibung und Erklärung von wirtschaftlichen Phänomenen, sondern auch die Entwicklung konkreter Verfahren für betriebliches Handeln. Damit sollen Entscheidungsprozesse in Untrnehmungen unterstützt werden.

Die Betriebswirtschaftslehre gliedert sich in

  • Allgemeine Betriebswirtschaftslehre (ABWL)

    Sie untersucht übergreifende wirtschaftliche Zusammenhänge für Betriebe, ohne auf branchenspezifische Eigenheiten einzugehen. Dabei können sich die Problemstellungen auf betriebliche Entscheidungsbereiche, betriebliche Funktionen oder betriebliche Prozesse beziehen.
  • Spezielle Betriebswirtschaftslehre (SBWL)
    Sie untersucht Branchen und entwickelt anhand der dort vorgefundenen Gegebenheiten spezifische Lösungen und branchentypische Modelle.

Info: Das ökonomische Prinzip

Wirtschaften heißt nach dem ökonomischen Prinzip handeln (Vernunftprinzip, Rationalprinzip). In einer vernünftigen Weise wird der Spannungszustand zwischen unbegrenzten Bedürfnissen und begrenzten Gütern gelöst. Dieses Prinzip begegnet uns real in zwei Varianten, je nachdem, ob die einzusetzenden Mittel (Aufwand) festgesetzt sind oder die angestrebten Leistungen (Ertrag):

1. Maximalprinzip, Ertrag maximieren: Mit einem gegebenen Aufwand soll ein möglichst hoher Ertrag erzielt werden.
Beispiele:

  1. Mit einem gegeben Aufwand an Produktionsfaktoren (Menschen, Maschinen, Material etc.) soll ein größtmöglicher Gewinn erzielt werden. Das ist Gewinnmaximierung.
  2. Mit dem für Konsumzwecke einzusetzenden Haushaltsgeld (gegebene Mittel) sollen möglichst viele Güter beschafft werden. Das ist Nutzenmaximierung.

2. Minimalprinzip, Aufwand minimieren: Ein gegebener Ertrag soll mit möglichst wenig Aufwand erzielt werden.
Beispiele:

  1. Ein geplanter Gewinn soll in einem Unternehmen mit dem geringstmöglichen Mitteleinsatz erzielt werden. Das ist Kostenminimierung.
  2. Für den monatlichen Bedarf eines Haushalts an Konsumgütern ist möglichst wenig Geld auszugeben. Das ist Mittelminimierung.

Was die betriebswirtschaftliche Forschung an Neuem hervorbringt, lässt sich hervorragend in einer ganzen Reihe von Fachzeitschriften nachlesen.

Da Internationalisierung eine der großen Fragestellungen der Betriebswirtschaft heute ist, veröffentlichen auch deutsche Wissenschaftler häufiger in englischsprachigen Titeln, deren Reputation und Verbreitungsgrad meist höher ist. Die wichtigsten allgemein-betriebswirtschaftlichen Zeitschriften sind:

  • Die Betriebswirtschaft (DBW)
  • Zeitschrift für Betriebswirtschaft (ZfB)
  • Schmalenbachs Zeitschrift für betriebswirtschaftliche Forschung (zfbf)
  • Schmalenbach Business Review (sbr)
  • Review of Management Science
  • Business Research (BuR)

Geschichte Betriebswirtschaft – Am Anfang war die Wirtschaft dunkel…

Erst mit dem Merkantilismus kam etwas Licht in die Sache. Thomas Mun war einer der ersten ökonomischen Autoren. Er schrieb zum Beispiel über Handelsbilanzen zweier Länder. Jean-Baptiste Colbert beschäftigte sich mit Staatseingriffen in die Wirtschaft. Zu den wichtigsten frühen Theoretikern des 18, Jahrhunderts gehörten William Petty, John Law und der Schotte John Locke, die unter anderem Erkenntnisse zu Geldumlauf und Geld in Form von Banknoten (Assignaten) veröffentlichten.

Die Gruppe der Physiokraten entwickelte erste systematische Ansätze zur Erklärung volkswirtschaftlicher Strukturen und Prozesse. Das Tableau économique von Francois Quesnay ist die erste Darstellung des Wirtschaftskreislaufs.

Nach der merkantilistischen und physiokratischen Epoche entstand die Klassische Nationalökonomie durch Adam Smith, David Ricardo, Jean-Baptiste Say und andere. Vor allem Smiths Werk Der Wohlstand der Nationen (Originaltitel: „An Inquiry into the Nature and Causes of the Wealth of Nations“) ist ein bis heute bedeutendes Grundlagenwerk der Volkswirtschaftstheorie. In diesem formuliert er eine Struktur volkswirtschaftlicher Zusammenhänge. Smiths bedeutendster Beitrag ist das Konzept der "unsichtbaren Hand", das das Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage auf einem freien Markt darstellt. Das nach Say benannte Saysche Theorem besagt, dass jedes Angebot sich seine Nachfrage selbst schafft. Ricardo entwickelte das Konzept der Arbeitsteilung und der komparativen Kostenvorteile zweier Länder und beschrieb, warum Handel sich positiv auf die Wirtschaft und die Faktorallokation zweier Länder auswirkt.

Erster bedeutender deutscher Ökonom war Friedrich List mit seinem Hauptwerk „Das nationale System der politischen Ökonomie“ von 1841. Mit seiner Lehre vom Binnenmarkt und den produktiven Kräften grenzt er sich von den Klassikern ab. Werke über die Monopoltheorie (Antoine-Augustin Cournot und Arsène-Jules-Étienne-Juvénal Dupuit) oder Raumordnung und Standortplanung (Johann Heinrich von Thünen) erschienen zu Beginn des 19. Jahrhunderts. In dessen Mitte beeinflusst ein weiterer großer deutscher Ökonom die theoretische Diskussion: Karl Marx mit seinen Werken zur „Politischen Ökonomie“. Seine Überlegungen sind stark von der Entwicklung des Kapitalismus in England geprägt.

Mit dem auslaufenden 19. Jahrhundert entstanden drei neoklassische Schulen zur Theorie des Grenznutzens und des allgemein Gleichgewichts der Märkte: Die Österreichische Schule von Carl Menger, die Cambridge-School von William Stanley Jevons und die Lausanner Schule um Léon Walras. Allerdings hatte unbekannterweise bereits um 1850 Hermann Heinrich Gossen wesentliche Grundlagen der Grenznutzentheorie entwickelt. Gossen fand aber erst nach seinem Tod Beachtung.

Die drei neoklassischen Schulen haben viele Ökonomen hervorgebracht, die bis zum zweiten Weltkrieg die Wirtschaftstheorie entscheidend prägten: Die österreichische Schule Eugen Böhm von Bawerk, Friedrich von Wieser und Ludwig von Mises. Zur Cambridge School gehörten Alfred Marshall, der als erster den Begriff "Economics" statt "Political economy" verwendete und die Wirtschaftstheorie begriffsmäßig in eine eigene Wissenschaft überführte. Dann Francis Ysidro Edgeworth, Arthur Cecil Pigou und John Maynard Keynes. Keynes brach aus der Neoklassik aus und stellte fest, dass die Märkte keinesfalls auf ein Gleichgewicht streben. Er postuliert, dass der Staat fehlende private Nachfrage durch staatliche Nachfrage ersetzen muss. Damit ist er noch heute eine Schlüsselfigur in der wirtschaftstheoretischen und politischen Diskussion. Zur Lausanner Schule, die für eine stärkere mathematische Ausgestaltung der ökonomischen Theorie stand, zählten vor allem Vilfredo Pareto, Eugenius Slutsky und Irving Fisher, der wohl wichtigste amerikanische Ökonom in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Auch Heinrich von Stackelberg und Paul A. Samuelson können dieser Schule zugerechnet werden.

Die neoklassische und die keynesianische Theorie üben auch zu Beginn dieses Jahrhunderts den stärksten Einfluss auf die wissenschaftliche Theoriebildung aus. Die Kontroverse zwischen Angebotspolitik und Nachfragepolitik bestimmt die aktuelle Diskussion um die optimale Wirtschaftspolitik.

Info: Monetarismus

Geldtheorie nach Milton Friedman, amerikanischer Volkswirtschaftler und Nobelpreisträger 1976. Nach dieser Theorie ist die Geldmenge der wichtigste Faktor zur Steuerung des Wirtschaftsablaufs. Die Zentalbanken sollen danach die Geldmenge so steuern, dass sie ohne Schwankungen mit dem Wachstum der volkswirtschaftlichen Produktion (reales Sozialprodukt) ausgeweitet wird. Monetaristen lehnen jegliche Steuerungsmaßnahmen des Staates zur Konjunkturregulierung ab.

… spät ging das Licht der Betriebswirtschaftslehre auf

Als Geburtsstunde der modernen Betriebswirtschaftslehre in der Schweiz, Österreich und Deutschland wird häufig das Jahr 1898 angesehen. Es entstanden in diesem Jahr im deutschsprachigen Raum Lehrstühle in St. Gallen, Leipzig, Aachen und Wien. Die Wharton School of the University of Pennsylvania war mit dem Gründungsjahr 1881 die erste Business School in den USA.

Als die bedeutendsten deutschsprachigen Vertreter der (allgemeinen) Betriebswirtschaftslehre im 20. Jahrhundert gelten:

  • Eugen Schmalenbach (1873-1955), der der Betriebswirtschaftslehre ihren Namen gab und einen Schwerpunkt seiner wissenschaftlichen Arbeit im Rechnungswesen sah. Zur Entwicklung von Bilanztheorie, Kostenrechnung und Kontenrahmen hat er wesentlich beigetragen.
  • Erich Gutenberg (1897-1984), der die faktororientierte Betriebswirtschaftslehre begründete.
  • Edmund Heinen (1919-1996), als Begründer der entscheidungsorientierten Betriebswirtschaftslehre.
  • Hans Ulrich (1919-1997), der die systemorientierte Betriebswirtschaftslehre entwickelt hat.
  • Horst Albach (geb. 1931), der die managementorientierte Betriebswirtschaftslehre geprägt hat.

Volkwirtschaftslehre – Das beschäftigt jeden Wirtschaftswissenschaftler

Wie auch die Betriebswirtschaftslehre geht die Volkswirtschaftslehre von der Annahme aus, dass Ressourcen (Güter und Produktionsfaktoren) knapp sind. Die VWL untersucht Zusammenhänge und Prozesse bei der Zuweisung oder Zuordnung Allokation) dieser knappen Ressourcen. Volkswirtschaftler schaffen aus diesem Spannungsfeld Modelle, die sich auf Einzelwirtschaften oder einzelne Gruppen (mikroökonomisch) und auf Gesamtwirtschaften (makroökonomisch) beziehen.

Sie beschäftigen sich darüber hinaus mit menschlichem Handeln unter ökonomischen Bedingungen. Im Vordergrund stehen dabei die ökonomische Begründung von Handlungen und die Frage des größtmöglichen individuellen Nutzens.

Volkswirtschaftslehre ist das Grundgerüst jedes Wirtschaftswissenschaftlers. Auch Betriebswirte lernen zumindest die Grundzüge der Volkswirtschaftslehre. Darunter die wichtigsten Theoreme aus der Wirtschaftstheorie in diesen Teilgebieten:

  • Mikroökonomie
  • Makroökonomie
  • Ökonometrie
  • Experimentelle Ökonomik
  • Evolutionsökonomik
  • Spieltheorie

Wirtschaftspolitik als Gesamtheit der Maßnahmen, mit denen der Staat regelnd und gestaltend in die Wirtschaft eingreift, ist ein weiteres wichtiges Teilgebiet der Volkswirtschaftslehre. Dem nahe gelegen ist die Finanzwissenschaft als die Lehre von der öffentlichen Wirtschaftstätigkeit.

Mit der Wirtschaft im allgemeineren Sinn setzen sich zudem die Brückendisziplinen Wirtschaftsgeschichte und Wirtschaftsgeographie auseinander. Wirtschaftsgeschichte untersucht die historische Wirtschaftsentwicklung und Wirtschaftsgeographie die Strukturen und Prozesse unter räumlichen Aspekten. Natürlich haben sich auch in der VWL eine ganze Reihe von Spezialdisziplinen herausgebildet, die sich mit einzelnen Wirtschaftsbereichen beschäftigen. Zum Beispiel:

  • Außenwirtschaft
  • Agrarökonomie
  • Bergwirtschaftslehre
  • Bildungsökonomie
  • Entwicklungsökonomik
  • Familienökonomie
  • Gesundheitsökonomie
  • Industrieökonomik
  • Innovationsökonomik
  • Regionalökonomie
  • Umweltökonomik
  • Versicherungsökonomie

Info: Preisindex

Statistische Messzahl, die den Anstieg des Preisniveaus in der Volkswirtschaft gegenüber einem früheren Zeitpunkt beschreibt. Die prozentuale Steigerung ist die Inflationsrate. Es gibt eine Reihe von Preisindizes. Die wichtigsten darunter sind der Preisindex für die Lebenshaltung, der Deflator des Bruttoinlandsprodukts (Inflationsrate gemessen an allen produzierten Gütern und Dienstleistungen im Messzeitraum), der Preisindex für die Verbraucherpreise und die Einzelindizes der Erzeugerpreise, bezogen auf Gütergruppen. Zur Vergleichbarkeit der Inflationsraten wurde vom Statistischen Amt der EU der harmonisierte Verbraucherpreisindex eingeführt.

Wirtschaftstheorie – Bunt ist die Theorie!

Zur Beschreibung und Systematisierung wirtschaftlicher Zusammenhänge in der Wirklichkeit ist die Wissenschaft darauf angewiesen, theoretische Modelle zu bilden, nach denen die Wirklichkeit dann theoretisch funktionieren sollte. Da das nur sehr begrenzt der Fall ist, gibt es immer wieder Diskussions- und Verbesserungsbedarf zu jeder Theorie. Dieser Neuerungsbedarf schlägt sich nieder auf den großen Spielwiesen der Wirtschaftstheoretiker:

Mikroökonomie

Gegenstand der Mikroökonomie ist das wirtschaftliche Verhalten von Haushalten und Unternehmen und die Verteilung der knappen Ressourcen und Güter durch den Marktmechanismus.

Die Haushaltstheorie befasst sich mit der Nachfrageseite auf dem Gütermarkt. Untersuchungsgegenstand ist dabei der Nutzen, den der Nachfrager hat. Eine Rolle spielen dabei viele Faktoren, die Präferenzen des Nachfragers oder Substitutionsverhalten beschreiben.

Die Produktionstheorie beschäftigt sich demgegenüber mit der Angebotsseite, mit dem Verhältnis von Input- und Outputfaktoren.

Schließlich hat die Preistheorie als Gegenstand die Preisbildung. Sie ist das Ergebnis von Nachfrage, die auf Angebot trifft oder umgekehrt. Untersucht werden dabei unterschiedliche Wettbewerbsformen die Bedingungen, unter denen ein Marktgleichgewicht erreicht und stabilisiert wird.

In allen drei Haupttheorien gehen die neoklassischen Mikroökonomen vom „homo oeconomicus“ aus, der immer Nutzenmaximierung betreibt und rational handelt. In neueren Ansätzen werden die klassischen Modelle aber schon in die Richtung verfeinert, dass Phänomene wie asymmetrische Information oder begrenzte Rationalität einbezogen werden.

Makroökonomie

Im Gegensatz zur Mikroökonomie stehen im Zentrum makroökonomischer Betrachtungen nicht einzelne Marktteilnehmer oder Gruppen, sondern zusammengefasste (aggregierte) Größen. So werden zum Beispiel Änderungen des Gesamteinkommens, des Beschäftigungsrades oder der Inflation betrachtet. Die Makroökonomie versucht, Gesetzmäßigkeiten in diesen Änderungen zu entdecken und die Wirkung von Steuerungsinstrumenten zu ermitteln. Dabei wird die komplexe Wirklichkeit auf eine überschaubare Anzahl wesentlicher Zusammenhänge vereinfacht. Es werden in der Regel vier Märkte definiert und betrachtet:

  • der gesamtwirtschaftliche Gütermarkt (das Inlandsprodukt, aufgeteilt in privaten Konsum, Staatskonsum, Investitionen, Importe und Exporte)
  • der gesamtwirtschaftliche Finanzmarkt (die Geldnachfrage und das Geldangebot, Gläubiger und Schuldner, Geldmarkt (kurzfristig), Kreditmarkt (mittelfristig) und Kapitalmarkt (langfristig))
  • der gesamtwirtschaftliche Arbeitsmarkt (das Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage des Produktionsfaktors Arbeit)
  • der gesamtwirtschaftliche Wertpapiermarkt (die Sparneigung abhängig vom Zins, Geldvermögen und Wertpapiervermögen der Haushalte und Unternehmen)
  • Die makroökonomischen Märkte werden kurzfristig betrachtet (Wirtschaftskreislauf und Gleichgewichtstheorie), mittelfristig (Preisflexibilität, Lohnschwankungen) oder langfristig (Flexibilität der Preise und Produktionsfaktoren – Konjunkturbetrachtung mit Aufschwung, Boom, Rezession und Depression)

Stagflation

Gebildet aus Stagnation und Inflation. Stagflation kennzeichnet eine Situation, in der die Wirtschaft nicht wächst und gleichzeitig Inflation und Unterbeschäftigung vorhanden sind. Als Hauptursache dafür wird gesehen, dass Verteilungsansprüche und Inlandsprodukt völlig aus dem Gleichgewicht geraten.

Ökonometrie

In der Ökonometrie werden ökonomische Theorie, mathematische Methoden und statistische Daten zusammengeführt. Damit sollen wirtschaftstheoretische Modelle an der Wirklichkeit überprüft und ökonomische Phänomene quantitativ analysiert werden. Ökonometrische Modelle bestehen aus Schätzgleichungen mit Variablen beiderseits des Gleichheitszeichen und Definitionsgleichungen, die der Grundlagenklärung dienen. Variablen liegen Testhypothesen zugrunde, Häufigkeit, Wahrscheinlichkeits- und Zufallsfaktoren finden Eingang in die Rechnung. Die Modelle erreichen teilweise einen Grad der Komplexität, dass klassische Makroökonomen nur feststellen: Das hätte man auch einfacher erklären können!

Experimentelle Ökonomik

Anliegen dieses Zweiges der Wirtschaftsforschung ist es, ökonomische Theorien experimentell zu bewerten. Dies geschieht in der Regel in Computerlaboren, in denen jeder Teilnehmer („Proband“) unter kontrollierten äußeren Bedingungen mit Hilfe des Computers Entscheidungen treffen muss. So werden zum Beispiel auch psychologische Grundlagen individuellen Handelns bei wirtschaftlichen Entscheidungen überprüft, etwa bei Börsenentscheidungen.

Bedeutende Labore zur Durchführung ökonomischer Experimente sind im deutschsprachigen Raum an den Universitäten Zürich, Mannheim, Magdeburg, Köln, Erfurt und Bonn, sowie am Max-Planck-Institut für Ökonomik in Jena.

Evolutionsökonomik

Dieser Wissenschaftszweig rekonstruiert Wirtschaftsprozesse analog zur biologischen Evolution: Es existiert für keinen Markt und damit auch für kein Unternehmen ein anzustrebender Gleichgewichtszustand. Ein permanenter Wettbewerb zwischen Produkten, Dienstleistungen, Unternehmensformen und Wirtschaftssystemen sorgt dafür, dass nur die Wettbewerbsteilnehmer weiter bestehen können, die den jeweiligen Umweltanforderungen entsprechen und sich an die laufend wechselnden Wettbewerbsbedingungen anpassen.

Der evolutionsökonomische Ansatz negiert das in der Neoklassik verwendete Modell des Homo oeconomicus als rationaler Entscheider, der über alle Informationen verfügt und immer die für ihn beste Lösung anstrebt. Der Evolutionstheoretiker geht von Informationsungleichheit und unterschiedlichem Bestand an Ressourcen bei den wirtschaftlich handelnden Individuen aus. Es gibt für ihn keine beste Lösung, sondern wie auch in der biologischen Evolution eine ganze Reihe zielführender Wege.

Spieltheorie

Die Spieltheorie ist eigentlich ein Teilgebiet der Mathematik, um Systeme mit mehreren Akteuren zu analysieren, deren Interaktionen denen in Gesellschaftsspielen ähneln. Die Spieltheorie versucht dabei, das rationale Entscheidungsverhalten in sozialen Konfliktsituationen abzuleiten.
Sie geht von extremer Rationalität aus, ist keine zusammenhängende Theorie, sondern eher ein Setzkasten voller Analyseinstrumente. Nach ihren Methoden wurden zum Beispiel Schachcomputer entwickelt.

Seit 1970 hat sich die Spieltheorie als beherrschende Methodik in den Wirtschaftswissenschaften sowie mehr und mehr auch in den sozialwissenschaftlichen Nachbardisziplinen durchgesetzt. Die Bedeutung der Spieltheorie kann man daran ermessen, dass für spieltheoretische Arbeiten bisher acht Wirtschaftsnobelpreise vergeben wurden: 1994 an John Forbes Nash Jr., John Harsanyi und Reinhard Selten, 1996 an William Vickrey und 2005 an Robert Aumann und Thomas Schelling. Für ihre Erforschung begrenzter Rationalität erhielten Herbert Simon 1978 und Daniel Kahneman 2002 den Nobelpreis. Auch die Nobelpreise an Leonid Hurwicz, Eric S. Maskin und Roger B. Myerson im Jahr 2007 für ihre Forschung auf dem Gebiet der Mechanismus-Design-Theorie stehen in engem Zusammenhang zu spieltheoretischen Fragestellungen.

Wirtschaftspolitik – Die Kunst, eine Wirtschaft zum System zu formen

Über die Wirtschaftspolitik greift der Staat regelnd und gestaltend in die Wirtschaft ein. Wirtschaftspolitik legt die Spielregeln fest, nach denen privat und staatlich organisierte Wirtschaft sich entfalten kann. Sie schafft erst das System, in dem sich die Wirtschaftssubjekte geordnet bewegen. Wirtschaftspolitik umfasst Ordnungspolitik, Strukturpolitik und Prozesspolitik.

Ordnungspolitik zielt auf die Rahmenbedingungen, unter denen die Wirtschaftssubjekte ihre Entscheidungen fällen. Dazu zählt besonders die Wettbewerbspolitik.

Strukturpolitik gestaltet regionale Wirtschaftsstrukturen und Branchenbedingungen. Dazu gehören Infrastrukturpolitik, regionale und sektorale Strukturpolitik.

Prozesspolitik ist dadurch gekennzeichnet, dass der Staat direkt in Märkte eingreift. Zu ihr zählen Arbeitsmarktpolitik, Finanzpolitik, Fiskalpolitik, Geldpolitik, Handelspolitik, Konjunkturpolitik.

Info: Konjunkturausgleichsrücklage

Ein im Stabilitätsgesetz vorgesehenes Mittel der Konjunkturpolitik. Danach soll der Staat in einer Hochkonjunktur erzielte Steuermehreinnahmen bei der Zentralbank stilllegen. Wenn die konjunkturelle Entwicklung wieder rückläufig ist, sollen diese Rücklagen dazu verwendet werden, durch höhere Staatsausgaben die Konjunktur zu beleben.

Wirtschaftspolitik in Deutschland soll laut Stabilitätsgesetz vor allem vier quantitative Ziele erreichen:

  • hoher Beschäftigungsstand
  • Preisniveaustabilität
  • Wirtschaftswachstum
  • außenwirtschaftliches Gleichgewicht

Da die genannten Ziele untereinander in Wechselbeziehungen stehen, kann jeder Eingriff alle Ziele berühren, was zu einem kaum überschaubaren Wirkungsgefüge führt. Zwischen den Zielen bestehen jedoch unterschiedliche Beziehungen:

  • Zielkonflikt (Trade-off) oder Zielkonkurrenz liegt vor, wenn eine Maßnahme einem wirtschaftspolitischen Ziel dient, jedoch ein anderes benachteiligt oder ihm abträglich ist. Eine Förderung des einen Ziels geht also auf Kosten eines anderen.
  • Zielharmonie liegt vor, wenn eine bestimmte wirtschaftspolitische Maßnahme zwei oder mehreren Zielen gleichzeitig dient.

Ob ein Zielkonflikt oder Zielharmonie vorliegt, hängt unter anderem auch von der Zeitperspektive ab (kurz- oder langfristig). So scheint es kurzfristig einen Zielkonflikt mit den anderen Zielen zu geben, wenn Ressourcen geschont werden und nachhaltige Bewirtschaftung verlangt wird. Denn Umweltschutzmaßnahmen kosten Geld. Langfristig ergeben sich jedoch Zielharmonien.

Qualitative Ziele der Wirtschaftspolitik sind:

  • Mehrung des Wohlstands
  • Verteilungsgerechtigkeit
  • Verbesserung der Arbeitsbedingungen
  • Ressourcen- und Umweltschutz

Um den richtigen Weg in der Wirtschaftspolitik wird natürlich auch unter Wirtschaftswissenschaftlern heftig gestritten. Die Monetaristen wollen eine Angebotspolitik, die Wirtschaftspolitik weitgehend auf Ordnungspolitik beschränkt. Die Keynesianer hingegen verlangen eine Nachfragepolitik, die auf aktive staatliche Eingriffe in den Markt setzt.

Finanzwissenschaft – Dem Staat ins Haushaltsbuch geschrieben

Die Finanzwissenschaft analysiert Maßnahmen und Ergebnisse der öffentlichen Wirtschaftstätigkeit. Dabei spielen kollektive Entscheidungen eine gewichtige Rolle. Im engeren Sinne beleuchtet sie die Einnahmenseite und Ausgabenseite der Haushalte. Darunter Steuern und Abgaben, Subventionen, öffentliche Einrichtungen etc.

Sie untersucht das Verhältnis der verschiedenen staatlichen Ebenen, des Bundes, der Länder und Gemeinden zueinander (Finanzausgleich). Sie stützt sich auf die Daten der Kameralistik und der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung.

Neben den eigentlichen finanzwirtschaftlichen Fragestellungen, zum Beispiel wie das Steuersystem optimal zu gestalten ist, beschäftigt sich die moderne Finanzwissenschaft zusätzlich noch mit der Verwendung der realen Ressourcen einer Volkswirtschaft. Das nennt sie dann das Allokationsproblem. Darüber hinaus mit der Einflussnahme auf Einkommen und Beschäftigung, dem Stabilisierungsproblem und der Verteilung von Einkommen und Vermögen, dem Distributionsproblem. Institutionelle Rahmenbedingungen wie Gebote, Verbote und gesetzliche Regelungen werden in die ökonomische Analyse einbezogen.

Weitere Bereiche, die in der Finanzwissenschaft behandelt werden, sind:

  • Theorie der Öffentlichen und Meritorischen Güter
  • die ökonomische Analyse politischer Prozesse (Politische Ökonomie)
  • Theorie und Analyse von Verfassungsregeln als Legitimation staatlichen Handelns (Verfassungsökonomik)
  • Theorie öffentlicher und regulierter Unternehmen
  • Umweltökonomie

Die Finanzwissenschaft überlappt sich zu großen Teilen mit der Wirtschaftspolitik und wird in anderen Ländern meist auch ihr zugeordnet. Sie gibt durch die Ergebnisse ihrer Forschung Input in das politische System eines Landes.

Info: Meritorische Güter

Mit diesem veralteten Begriff für „verdienstvoll“ werden in den Wirtschaftswissenschaften Güter bezeichnet, von denen angenommen wird, dass sie einen größeren Nutzen bringen könnten, als sich in der Nachfrage widerspiegelt. Damit wird eine Förderung durch staatliche Subventionen begründet. Umgekehrt bezeichnet man ein Gut als demeritorisch, wenn dieser Nutzen als geringer angesehen wird und daher die Nachfrage behindert werden soll (Drogenverbot, Tabak- und Alkoholbesteuerung).

Als wichtigste Ursachen für die zu geringe Nachfrage meritorischer Güter werden angesehen:

  • Irrationale Entscheidungen: Man glaubt, dass die Konsumenten nicht rational entscheiden, Vor- und Nachteile nicht hinreichend durchdenken oder die komplexen Wirkzusammenhänge nicht durchschauen. Beispiel: Das Nichtanlegen des Sicherheitsgurtes im Auto wurde vom Gesetzgeber als irrationale Entscheidung bewertet, was zur Einführung der Gurtpflicht führte.
  • Unvollständige Information: Es wird angenommen, dass Verbraucher nicht über die notwendigen Informationen verfügen, um ihr Geld vernünftig auf zu erwerbende Güter zu verteilen. Beispiel: Hauseigentümer wissen oft nicht, wie viel sie durch Wärmedämmung einsparen. Also sorgte der Staat mit Subventionen für mehr Geldfluss in die Wärmedämmung.
  • Falsche Zeitpräferenzrate: Die Zeitpräferenzrate gibt an, wie viel weniger Bedeutung man zukünftigen Ereignissen gegenüber gegenwärtigen beimisst. Zukunftsvorsorge bleibt bei falscher Zeitpräferenzrate aus. Beispiel: Die Einführung der Pflicht zur Pflegeversicherung wurde damit begründet, dass junge Menschen ihrer späteren Pflegebedürftigkeit zu geringe Bedeutung beimessen.
  • Externe Effekte: Durch externe Effekte weicht der Nutzen des über die Nachfrage entscheidenden Individuums vom gesamten volkswirtschaftlichen Nutzen ab. Da der Konsument bei seinen Entscheidungen andere Nutzen als den eigenen nicht oder nicht genügend berücksichtigt, entspricht die Nachfrage nicht dem volkswirtschaftlichen Optimum. Beispiel: Ein Hauseigentümer bewertet den Nutzen des Erhalts einer denkmalgeschützten Fassade nach dem Aspekt, Vermietbarkeit und Miete zu steigern. Da aber alle Bewohner und Besucher der Stadt ebenfalls einen Nutzen ziehen, wird der Erhalt der Fassade als meritorisches Gut durch Subventionen gefördert.

Beispiele für vom Gesetzgeber als meritorisch betrachtete Güter sind:

  • Versicherungen, insbesondere Sozialversicherungen und bestimmte Haftpflichtversicherungen
  • öffentlich-rechtlicher Rundfunk
  • gesetzliche Altersvorsorge
  • Vermögensbildung
  • Sport
  • Bildung
  • Jugendbetreuung
  • Gesundheitsvorsorge (z. B. Impfungen, Schutz vor Pandemien)
  • Kultur
  • Landwirtschaft bzw. Landschaftspflege

 

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